Zeit: Anfang August 2018
Nachdem wir nach Österreich, Slowenien und Kroatien endlich unser Zielland, Bosnien und Herzegowina, erreicht haben, war unser erster Stopp Jajce. Jajce ist eine relativ kleine Stadt in Zentral-Bosnien, die die meisten Touristen gar nicht wahrnehmen. Sie liegt auf dem Weg von den Haupt-Touristenzielen Banja Luka und Mostar bzw. Sarajewo. Entsprechend rar war auch die Auswahl der Unterkünfte. Trotzdem haben wir im Vorfeld etwas buchen können, ein kleines Apartment im Herzen der Stadt: Prenoćište Gany. Dass Jajce von den meisten Touristen “übersehen” wird hat natürlich Vorteile. Denn obwohl es eine wunderschöne Altstadt, eine tolle Burg und einen Wasserfall mitten in der Stadt hat und in direkter Umgebung weitere sehenswerte Ziele wie Travnik und die Wassermühlen in Mlinčići liegen, ist man weitestgehend unter Einheimischen. So kann man fernab vom “Massentourismus” (die “Massen” sollte man eher relativ zu anderen bosnischen Städten sehen, nicht im europäischen Vergleich…) auf Tuchfühlung mit Bosnien gehen. Für uns war es Liebe auf den ersten Blick. Am ersten Abend, als wir das Auto halbwegs ausgepackt hatten, saßen wir alle vier im Zimmer und ruhten uns von der Autofahrt aus. Die Fenster waren offen, draußen war es still, nur hier und da Gelächter. Und dann ertönten die Gebetsrufe der Muezzin. Wir, die wir das noch nie live gehört haben, standen wie gefesselt am Fenster. “Co to jest” fragte sich Zofia, “was ist das”? Und seit dem Tag war Zofia fasziniert von den Rufen und der restliche Trip war geprägt von ihrer ständigen Frage, wann Sie den Mann, der dort zum Beten aufruft, endlich sehen kann 🙂 Den direkten Wunsch konnten wir ihr nicht erfüllen, aber zumindest nah dran: Später auf der Reise überraschte Justyna uns mit der Besteigung einer Minarett in Mostar. Apropos Überraschung: Auf der Fahrt von Jajce nach Mostar machten wir durch Zufall Stopp an einem kleinen(!) Strand am Fluss, nur um kurze Zeit später mitten in eine Volleyball-Tournier “gefangen” zu sein 😀 (dazu mehr im Artikel “Caffe Bar Romansa”)
Bevor ich zu den Dingen komme, die es zu sehen gibt, zunächst etwas zu unserer Unterkunft:
“Prenoćište Gany” heißt das kleine Apartment, welches im 1. Stock über einem kleinen Geschäft, am Fuße der Burgmauern liegt (das erste Bild ist der Blick aus dem Apartment). Nicht wundern, wenn in manchen Beschreibungen im Internet steht: “Externes Bad”. Das heißt nicht, dass das Bad außerhalb vom Haus, z.B. in der Burg liegt. Es ist einfach nicht im gleichen Zimmer wie die Betten… Man hat es für sich allein, weil es nur das eine Apartment gibt. Neben dem Apartment ist ein Coffeeshop und zwischen Apartment und Burgmauern befindet sich eine kleine Bar. In den Onlinebewertungen wurde sich über die Lautstäke beschwert, welche von der Bar kommt. Das ist natürlich subjektiv, aber für uns mit zwei Kindern, davon eins noch Baby, war das überhaupt kein Kritikpunkt. Wenn man mit dem Auto anreist, gibt es neben dem Haus eine freie Fläche, die man als Parkplatz interpretieren kann, wenn man will. Anfangs war uns schon etwas mulmig bei dem Gedanken, unser Auto dort stehen zu lassen, aber schon bald stellte sich heraus, dass wir uns bei dem Besitzer des Apartments, welcher gleichzeitig den gegenüber liegendem Kiosk betreibt (und wo man dann auch die Schlüssel bei Ankunft abholt), keine Sorgen zu machen brauchten. Wir sind sicher, dass die Person, welche auch nur den kleinsten Kratzer in unser Auto gemacht hätte, seines Lebens nicht mehr froh geworden wäre 🙂 Gany ist generell super nett und hat uns mit unserem Gepäck und sämtlichen anderen Fragen stets geholfen, und obwohl er direkt gegenüber seinen Laden hat, war eine Verbindung über WhatsApp von Vorteil.
Kontaktdaten Prenoćište Gany:
- ZAVNOBiH-a, Jajce 70101, Bosnien und Herzegowina
- +387 61 142 300 (WhatsApp verfügbar)
- gebucht haben wir über Booking.com
- Preis Anfang August 2018: 30€/Nacht
Für alle, die mit Kindern anreisen und eine längere Autofahrt hinter sich haben, kommt der Kiosk direkt gegenüber natürlich gerade recht 🙂 Da sie die lange Fahrt gut mitgemacht hat, wollte Zofia sich unbedingt etwas kaufen: Ihre Wahl fiel auf eine Flagge von Bosnien und Herzegowina. Ach, wie erleichternd, neben dem ganzen Standard-Kiosk-Ramsch 🙂 Stolz wie Oskar steht sie damit hier am Fenster unseres Apartments und wedelt den hier und da vorbeifahrenden Hochzeits-Autokorsos zu. Moment… Vielleicht nicht die beste Idee. Auch wenn Christen und Muslime hier zusammenleben, wir mussten feststellen, dass die Familien strikt getrennt sind. Es gab mehrere Autokorsos von Hochzeiten, aber man konnte sofort erkennen, wozu sie gehörten. Es gab entweder welche mit Kroatischer Flagge, Islamischer Flagge, Bosnischer Flagge oder Serbischer Flagge. Alles war dabei, nur niemals gemischt.
Noch ein kleines Wort zur Sicherheit: Das o.g. Sicherheitsgefühl, welches wir in Jajce erfahren haben, hat uns auch auf unserer weiteren Tour durch Bosnien begleitet. Besonders mit Kindern haben wir uns fast immer sicher gefühlt, auch nach Anbruch der Dunkelheit. Denn im Gegensatz zu Zuhause, wo abends die Bordsteine hochgeklappt werden und man mehr oder weniger allein draußen ist, fängt hier das Leben erst an, wenn die Temperaturen ein wenig gesunken sind, sprich wenn die Sonne hinter dem Horizont verschwunden ist. Sicher war es auch dann noch auf den Straßen, fast täglich haben wir mit den Kindern im Gepäck Abendspaziergänge gemacht.
Wie schon angesprochen, hat Jajce ein paar nette Sehenswürdigkeiten:
Jajce ist eine relativ kleine Stadt, gelegen in einer wunderbaren Region umgeben von Flüssen und Bergen. Die Einwohner sind ziemlich gleich verteilt, mit knapper 50-50% Verteilung von Bosniaken (bosnische Muslime) und Kroaten (christlich). Auf Grund der Geschichte gibt es dort sowohl Moscheen, wie beispielsweise die schöne Esma Sultanija Moschee, welche gleichzeitig Jajce’s bedeutsamste ist. Daneben gibt es noch Reste der christlichen Religion, wie z.B. die Kirche der Heiligen Maria oder die Katakomben.
Den Ballon den Zofia hier hat war übrigens ein weiterer Fund im Kiosk. Der Bal0n liegt heute noch in unserem Auto, nur ohne Luft 😀 Ebenfalls sehr sehenswert ist die Burg, welche einen wunderbaren Blick über die Stadt bietet. Los geht es in der Nähe der Katakomben, von wo es etwas steil bergauf geht und man einen kleinen obligatorischen Eintrittspreis zahlt. Oben angekommen, können sich die Kinder auf der Wiese austoben, Platz gibt es genug (es sei denn man ist verzweifelt auf der Suche nach Schatten 🙂 ).
Zur Abkühlung bietet sich übrigens der stadteigene Wasserfall an, ein wirklich einmaliges Erlebnis. Glauben wir. Denn selbst dort waren wir leider nicht. Auf die Plattform, von der man aus den Wasserfall von unten aus betrachten kann, sind wir aus Zeitgründen nicht gegangen (und auch da wir nach Argentinien ein wenig wasserfallverwöhnt sind 😀 ). Da aber der Zugang zu Wasser für Zofia so etwas wie lebensnotwendig ist, haben wir einen Tagesausflug zu den nur ca. 4 km von Jajce entfernten Wassermühlen Mlinčići gemacht:
Folgt man dem Fluss Pliva Von Jajce aus nach Westen, wird er nicht weit entfernt merklich breiter und formt sich zu einer Art See aus. Relativ am Anfang davon sind die attraktiven Wassermühlen gelegen, welche man unter den Top Sehenswürdigkeiten von Jajce finden wird. Sie sind wirklich schön anzusehen und auf Stegen kann man ziemlich nah daran vorbeilaufen kann. Nicht weniger (bzw. für Zofia eher mehr) attraktiv war der See, welcher zwar eiskalt, aber super zum Schwimmen ist, inkl. großer Liegewiese. Allein sollte man die Kinder aber nicht schwimmen lassen, denn einen richtigen Einstieg gibt es nicht, nur einen Bootssteg. Auf diesem sitzen meistens ein paar Kerle und versuchen das Abendessen zu angeln. Man sollte also auch etwas auf die Angelleinen aufpassen. Und auf das Boot, was ab und an anlegt. Aber ansonsten super zum Schwimmen 😀 Die Location ist natürlich traumhaft und so ist es womöglich DER Standardort für Hochzeitsfotosession / -feiern, welche wir einmal miterleben durften. Wenn man plant, etwas länger dort zu bleiben, sollte man sich Essen mitnehmen, es gibt zwar einen kleinen Kiosk, aber wirkliche Auswahl gibt es dort nicht (d.h. ein Gericht, das Tagesgericht eben. Dennoch sehr zu empfehlen).
Etwas weiter weg von Jajce liegt die schöne Stadt Travnik. Zu sehen gibt es hier eine gut erhaltene Festung, zahlreiche Moscheen und zwei Uhrtürme. Man merkt, dass Travnik schon etwas touristischer ist als Jajce, besonders entlang des Flusses Plava Voda, wo sich zahlreiche Caffees aneinanderreihen. Aber auch das für östliche Länder leider typische (und aufdringliche) Geschäft mit Ramsch für Kinder. Bellende Plastikhunde, blinkende Pseudollichtschwerter und nervende Rasseln. Unser Reiseführer hat empfohlen dort einzukehren, aber für uns war das einfach zu viel und alles andere als entspannt, mehr Ruhe bekommt man auf der Festung. Dort ist es wunderbar und man hat einen schönen Blick übers Tal, inkl. Caffe. Ebenfalls sehenswert ist Travniks schönste Moschee, die hölzerne und wunderschön bemalte Bunte Moschee. Leider wurde sie bei unserer Reise renoviert und wir konnten sie nicht von innen sehen. In der Nähe der Moschee gibt es weitere nette Caffes (Caffes gibt es in Bosnien sowieso wie Sand am Meer, für uns genau richtig 😀 ). Hier ist es, genau wie in der Umgebung der Festung, wunderschön zum schlendern. Wer etwas Zeit mitbringt, kann mit einer kleinen Bimmelbahn und für wenig Geld die Stadt und seine Sehenswürdigkeiten erkunden. Das nächste Mal werden wir das sicherlich machen. Dauer ca. 45 min.
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